Wettrup

Geschichte

Geschichte der Gemeinde Wettrup

Pingelanton

Die Kleinbahn Lingen-Berge-Quakenbrück (1904 - 1952) 

Auf diesen Seiten darf eine Erinnerung an die Kleinbahn nicht fehlen. Sie stellte in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts eine für unseren noch recht unerschlossenen Raum eine bedeutende Verkehrsader dar. 

Die Notwendigkeit einer solchen Anbindung an das staatliche Schienennetz erkannt und die zur Realisierung des Projekts notwendige Initiative ergriffen zu haben, ist zu einem ganz wesentlichen Teil Verdienst eines Wettruper Bürgers, des Hofbesitzers Altmann. 

Über die Entstehungsgeschichte der Kleinbahn berichtet er aus Anlaß des 25jährigen Bestehens im Lingener Volksboten (Nr.126 des Jahres 1929):

,,Am 1. Juni kann die Kleinbahn auf einen 25jährigen Betrieb zurückblicken; An diesem Tage des Jahres 1904 nahm unsere Kleinbahn offiziell den Betrieb auf, nachdem am Tage vorher eine Eröffnungsfeier stattgefunden hatte, an der Spitzen der Behörden teilnahmen und viele sonstige Interessenten. - Es wird der jüngeren Generation gewiß nicht uninteressant sein, etwas über den Werdegang der Kleinbahn zu erfahren. 

Die Vorarbeiten und der Bau der 56 Kilometer langen Strecke haben ca. 5 1/2jahre gedauert. Im Winter 1898/99 tauchte in der Gemeinde Wettrup, welche 25 Kilometer von ihrer Kreisstadt und 12 Kilometer von der nächsten Bahnstation entfernt ist, der Gedanke auf, eine Bahnverbindung Sackbahn über Handrup - Lengerich - Langen nach ihrer Kreisstadt zu schaffen. 

Da die Gemeinde Berge schon früher sich mit einem Bahnprojekt nach Quakenbrück beschäftigt hatte, das Projekt aber wegen Unrentabilität wieder hatte fallen lassen müssen, setzte sich die Gemeinde Wettrup mit Berge in Verbindung, lediglich um zu erfahren, wie und wo man es anzufangen habe, um eine Bahnverbindung zu erhalten. Dieser erste Schriftverkehr mit dem Vertreter von Berge wurde am 5. Januar 1899 geführt. Der Vertreter von Berge, Herr Gemeindevorsteher Schenke, schrieb, diese wichtige Sache lasse sich nicht schriftlich erledigen, sondern nur mündlich; er wäre gerne bereit, auf halbem Wege nach Ohrtermersch zu kommen, um seine Erfahrungen und weitere Gedanken auszutauschen. 

Um sich zunächst aber über die Ansichten den in Frage kommenden Gemeinden über eine Bahnverbindung zu überzeugen, wurden seitens Wettrup diese zu einer Besprechung nach Lengerich eingeladen, um eventuell eine Kommission zu wählen, die mit dem Vertreter von Berge Fühlung nehme. In der schon gleich zu Anfang ziemlich aufgeregten Versammlung lehnten die Lengericher Herren eine Kleinbahnverbindung von dem kleinen Wettrup aus über Lengerich und Langen nach Lingen ganz entschieden ab, denn Lengerich hatte höhere Pläne; Lengerich holte sein, wie es sagte, schon über 22 Jahre bestehendes Projekt Fürstenau - Lingen wieder hervor, obschon es darauf aufmerksam gemacht wurde, daß von diesem Projekt nur die Gemeinden Lengerich und Langen berührt würden. Nach langen Verhandlungen wurden doch von sämtlichen Gemeinden, auch von Lengerich, je zwei Vertreter gewählt, um in Ohrtermersch und Berge zu verhandeln. Die beiden Vertreter von Lengerich entschuldigten sich in letzter Stunde am Tage der Zusammenkunft. 

Die Herren von Berge waren für das Projekt von der Kreisgrenze nach Lingen sehr interessiert, weil ihr früheres Projekt Berge - Quakenbrück, für welches schon die Vorarbeiten fertig waren, dann eventuell zur Ausführung gelangen könne. Auf Vorschlag von Berge wurden aus den Gemeinden des Kreises Lingen zwei Kommissionen gewählt, um sich mit dem Landrat und Magistrat in Lingen in Verbindung zu setzen und um die Kosten für die Vorarbeiten im Kreise Lingen zu beschaffen. 

Der Magistrat in Lingen war für das Projekt sofort gewonnen, bewilligte für die Strecke im Kreise Lingen die halben Vorarbeitungskosten.

Weniger Anklang fand das Projekt beim Landratsamt, weil im Kreis ein Viermillionenprojekt für Landstraßenbau schwebte; zwei Millionen sollten hierzu angeliehen werden, die übrigen die bauenden Gemeinden tragen. 

Seitens des Magistrats in Lingen wurde Mitte Februar 1899 eine öffentliche Versammlung in Lengerich anberaumt, wozu Gemeinden der beiden Bahnprojekte Lingen - Fürstenau und Lingen - Quakenbrück eingeladen waren, um über die Stimmung für die beiden Projekte Aufklärung zu schaffen. Den Vorsitz in dieser Versammlung führte der Landrat Dr. Franke, Lingen; beide Projekte wurden eingehend erörtert. Das Projekt Fürstenau - Lingen wurde hauptsächlich vertreten durch den Gerichtsassessor Dr. Vahrenhorst, damals in Lingen, auch Lengerich strebte mit allen Kräften für das schon alte Lieblingsprojekt und gab die positive Erklärung ab, an einer Kleinbahnverbindung über Wettrup -Berge - Quakenbrück werde sich Lengerich nie beteiligen. Auf diesen Beschluß hin erklärte der Vertreter von Bawinkel, welche Gemeinde bei beiden Projekten nicht hätte in Frage kommen können: Wenn die Sache so steht, dann ist Bawinkel gerne bereit, statt Lengerich für das Projekt Quakenbrück - Lingen voll und ganz einzutreten. 

Nach dieser Erklärung von Bawinkel wurden von allen Seiten Schluß- und Bravorufe laut, so daß der Vorsitzende Landrat Dr. Franke die Versammlung schließen mußte. 

Auf diese Weise ist der große Nord-Ost-Bogen über Bawinkel zustande gekommen. 

Noch in derselben Woche traten in Gersten (Wirtschaft Hüer) die Gemeinden und Private, die sich für das Projekt interessierten, zusammen und stellten beim Landesdirektorium in Hannover Antrag auf Ausführung der Vorarbeiten. Am 16. April 1899 machte auf Anordnung des Landesdirektoriums der technische Dezernent Landesbaurat Sprengel mit den Vertretern der Behörden und den interessierten Gemeinden die erste Bereisung der projektierten Linie, um Terrain und Gegend zu besichtigen. Das Urteil der Herren war äußerst günstig, weil von allen Seiten großes Interesse gezeigt wurde. Die Begleitung der Kommission bestand während der ganzen Strecke aus einer großen Anzahl vollbesetzter Wagen; am Essen in der Mittagspause zu Wettrup nahmen ca. 60-70 Personen teil.

Nachdem die Rentabilitätsberechnung vom Landesdirektorium fertiggestellt, der Staat ein Drittel der Kosten übernommen und die Provinz verbilligten Zinsfuß zugesagt hatte, wurde ein Baukomitee gewählt, bestehend aus den Herren Bürgermeister Meyer, Lingen, Bürgermeister Willmann, Quakenbrück, Gemeindevorsteher Schenke, Berge, und Hofbesitzer Altmann, Wettrup. 

Die Vorarbeiten etc. haben reichlich drei Jahre in Anspruch genommen, so daß im Juni 1902 der erste Spatenstich in Lingen gemacht werden konnte. Zwei Jahre dauerte es dann noch bis zur Inbetriebnahme der Strecke. 

Die Erinnerung an die Eröffnungsfahrt ließ wiederum der ,,Lingener Volksbote" in der Ausgabe vom 31. Mai 1929 aufleben: 

..Am 31. Mai 1904, um 9.30 Uhr verließ der Festzug unter den Klängen des Liedes: ,Muß i denn...' den Bahnhof Lingen. An der Fahrt nahmen u. a. teil: Regierungspräsident von Barnekow und Regierungsrat Bachmann als Vertreter der Regierung, Landesdirektor Lichtenberg als Vertreter der Provinz, Landesbaurat Sprengel und Geh. Baurat Frank als Vertreter des Landesdirektoriums. Als Vertreter der Städte nahmen Bürgermeister Meyer, Lingen, Hahn, Quakenbrück und Gemeindevorsteher Schenke, Berge sowie die Landräte Franke, Lingen, und Klauser, Bersenbrück, teil. Staatsminister a. D. Exzellenz v. Hammerstein sowie verschiedene Herren der Regierung und Abgeordnete der Städte und Gemeinden hatten sich ebenfalls eingefunden. 

In den Ortschaften Brögbern, Bawinkel, Wettrup und Berge wurden die Festzugsteilnehmer von den Gemeindemitgliedern empfangen. Die Schuljugend sang patriotische Lieder und Ansprachen wurden gewechselt. In Berge fand mittags ein Festmahl statt, an welchem sich etwa 130 Personen beteiligten. Hierselbst gedachte man derer, die sich um das Zustandekommen der Bahn verdient gemacht hatten, besonders des Oberleiters Baurat Sprengel und der Bauleiter Krieter und Voigt. Nach Beendigung des Festmahls wurde die Weiterfahrt nach Quakenbrück angetreten. Überall fanden die Teilnehmer begeisterte Aufnahme. In Renslage und Menslage wurden sie noch durch Ansprachen begrüßt. Nach Ankunft des Zuges und kurzer Begrüßung in Quakenbrück begaben sich die Festteilnehmer in die Gartenanlagen des ,,Roten Hauses", in denen die Lingener und Quakenbrücker Musikkapellen konzertierten. Um 7.00 Uhr erfolgte die Rückfahrt nach Lingen."

Fast 50 Jahre erfüllte in der Folgezeit die Kleinbahn - oder der Pingelanton, wie man sie scherzhaft nannte - seine Aufgaben im Dienste der Bevölkerung. Mit dem Vordringen der Motorisierung aber und dem Ausbau des Straßennetzes wurde sie nach dem zweiten Weltkriege zunehmend unattraktiv. So mußte man sich 1952 schweren Herzens entschließen, die Strecke stillzulegen und den ,,Pingelanton" in ,,Pension zu schicken". Die Gefühle manchen Kleinbahnfreundes mögen sich in dem kleinen Gedicht ausdrücken, das bei der letzten Fahrt in Menslage von den Stammgästen" auf einer schwarzumflorten Tafel angebracht wurde:

 

,,Fast 50 Jahre tat'st du deine Pflicht, leider stört das manchen nicht. Du hast so manchen Sturm erlebt Lind bist mit uns dahin geschwebt. Doch heute ist es nun so weit, du mußt weichen dem Tempo der Zeit; nun gehst du in die ewigen Gründe. Doch wir sagen: das ist eine Sünde! Der Mohr tat seine Pflicht und kann gehn, wir können es immer noch nicht verstehn. Ab heute tönt nicht mehr dein Geklingel, Ruhe sanft, du alter treuer Pingel."

Gewidmet von deinen Stammkunden

Hahnenmoor

Das Hahnenmoor

Fährt man heute ins Hahnenmoor, blickt man links und rechts des Weges auf große Äcker, saftige Wiesen und saubere Gehöfte. Vor 50 Jahren sah das alles ganz anders aus. Die Wege waren im Herbst und Winter fast unpassierbar. Den Stallmist für die Äcker in der Moorstege konnte man vielfach nur im Winter über die gefrorenen Wege dorthin schaffen, oder es mußte ein Doppelgespann (4 Pferde) vor den Mistwagen gespannt werden.

Ich erinnere mich daran, daß rechts vom Moorweg, einige 100 Meter vom jetzigen Siedler Holtkamp entfernt, eine große Wasserfläche existierte, die sicherlich auf einen früheren Torfstich in diesem Gebiet zurückzuführen war. Am Rande dieses ,,Teiches" standen Schilfgewächse, Zylinderputzer und Weidenholzsträucher. Diese Gegend nannte man ,,Ballerwüste", die gegenüberliegende Seite (links vom Weg) hieß ,,Tülshok".

Das Hahnenmoor ist früher nach ,,Erbesfuß" (Hofesgröße) an die Bauern 3er umliegenden Gemeinden aufgeteilt worden. Wir erhielten seinerzeit 4 ha, zwei kleinere Parzellen vorne und zwei größere hinten (up den Witten, auf dem Moor, jeweils links und rechts vom Moorweg). Bei den vorderen Stücken handelte es sich um Schwarztorf, der ein bis zwei Meter dick auflag und guten Brenntorf abgab. Bei den letzteren Parzellen hatten wir es mit Hochmoor zu tun. Die 3-4 Meter dicke Auflage bestand im oberen Bereich aus Weißtorf (für Feuerzwecke ungeeignet), in der Mitte Braun- und unten aus Schwarztorf. In den ausgegrabenen Moorrandgebieten wuchs Birkenholz, auf dem Hochmoor Heide und Wollgras. Die Landschaft mit ihrer Heide, dem Woll- und Borstgras diente jahrzehntelang u. a. dem Bauern Triphaus aus Grafeld als Weide für seine 150 bis 200 Heidschnucken (anspruchlose Schafrasse). Als dieser die Herde abschaffte und die Schafe somit nicht mehr junge Bäumchen abfraßen, entstand langsam ein dichter Birkenwald. Das Torfgraben zur Gewinnung des notwendigen Brennmaterials erfolgte im Monat Mai nach Abschluß der Frühjahrsbestellung. Etwa zwei Wochen lang belebten dann schlagartig Hunderte von Menschen aus den Randgebieten das Hahnenmoor. Fast jede Familie ging 5 bis 6 Tage ins Moor, um den Brenntorf für das ganze Jahr zu gewinnen. Einer aus der Familie brachte die Torfarbeiter (Familienangehörige und Heuerleute, oder Nachbarn) morgens um 6.00 Uhr mit Pferd und Wagen bis ans Moor heran. Das letzte Ende des Weges (1-2 km) mußte zu Fuß zurückgelegt werden. Als mein Vater in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister im Rahmen des Gemeindedienstes den Moorweg hatte übersanden lassen, konnten die Wagen bis zum Hochmoor d.h. bis zum Arbeitsplatz fahren.

Das Torfstechen war eigentlich eine etwas romantische Sache. Wenn die vielen vollbesetzten Wagen auf dem Sandweg dahinfuhren, hörte man nur die Menschen reden und lachen. Man sah und hörte die große Zahl der Vögel wie Kiebitze, Lerchen, Brachvögel usw. Auf dem Moorpfand angelangt, wurde als erstes ein offenes Feuer angemacht, damit der Kaffee fürs Frühstück aufgebrüht werden konnte. Nachdem das mitgebrachte Essen im Schatten einer Moorgrube abgestellt war, ging es an die Arbeit, die immer paarweise verrichtet wurde. Ein Mann stach den Torf, eine Frau mußte ihn mit der Schiebkarre 5-15 Meter weit wegfahren und auf der Heidefläche verteilen. Eine Torfgrube war meistens 4 X 4 m groß. Die obere Weißtorfschicht, als Brenntorf ungeeignet, wurde abgeräumt und in die Vorjahresgrube geworfen. Auf den 3. und 4. ,,Pänden" (dem Hochmoorbereich) erreichten die gegrabenen Löcher eine Tiefe von 3 bis 4 Metern. Es dauerte zwei Tage, um solch einen Torfblock auszustechen. Am ersten Tage erreichte man den Grundwasserstand am zweiten Tag die Sohle. Der Arbeitsvorgang war nicht ganz ungefährlich. Zur abgegrabenen Seite, wo das Wasser stand, mußte eine dicke Schutzwand stehen bleiben, um einen Wassereinbruch zu verhindern. Mit einem scharfen Spezialspaten ließ sich der Torf gut abstechen, lediglich in den unteren Moorschichten stieß man häufig auf Baumstubben und Äste, den Überresten eines Waldes aus der Vorzeit der Torfbildung.

Einige Wochen später waren die Torfstücke (Würfel 15 x 15 cm groß 3der Langtorf 10x 12 x 30 cm groß) angetrocknet und konnte in Ringen aufgesetzt werden, die 2-3 Wochen später noch mal umgepackt wurden. Nach einer Gutwetterperiode konnte man den Torf dann nach Hause fahren. Etwa zehn Wagen voll reichten für das ganze Jahr. Die Verpflegung während des Torfgrabens war einfach und deftig. Zum Frühstück gab es Brot mit Butter und Speck, mittags Speck-Pfannkuchen, der in einer Pfanne auf dem offenen Feuer aufgewärmt wurde, und zur Vesperzeit belegte Brote.

Der in einem gußeisernen Kessel mit Moorwasser gekochte Kaffee schmeckte nicht besonders gut.

Die Pfanne und der Kaffeekessel blieben während der Torfstechzeit auf dem Moorpfand liegen. Als in späteren Jahren auf Grund der besseren Wegeverhältnisse die Wagen bis zur Arbeitsstelle fahren konnten, nahm man Wasser oder Kaffee von zuhause mit. Das Essen mußte ja nicht mehr getragen werden.

Die Essensgebräuche änderte meine Mutter. Sie machte tags zuvor die Brote fertig, die am nächsten Morgen gut verpackt mitgenommen wurden. Zum Pfannkuchen gab es Kompott und wer wollte, konnte mittags auch Kartoffelsalat essen. Diese Umstellung übernahmen viele Familien.

Die zweistündige Mittagszeit nutzten die älteren Leute für ein Schläfchen in der Mittagssonne, während die Jugendlichen von allen Seiten zu einem Stelldichein zusammen kamen. Pünktlich um 18.00 Uhr strömte alles nach Hause, dem abholenden Wagen entgegen.

Die Hochmoor-Oberfläche nutzten die Bauern im vorigen und anfangs dieses Jahrhunderts zum Anbau von Buchweizen. Nachdem das Moor einigermaßen entwässert und Zwischengräben gezogen waren, ließ sich die Bodenbearbeitung einigermaßen durchführen. Zunächst pflügte man die Weißtorfschicht flach um. Damit die Pferde überhaupt auf dem Moor gehen konnten, bekamen sie 25 cm große runde Holzbretter (sogenannte Trippen) unter die Hufe geschnallt. Nach dem 1. Weltkrieg lagen in unserer früheren Zichorienfabrik noch lange solche Pferde-Holzschuhe herum.

Nach dem Pflügen zerkleinerte man mit Hacken und Forken die Torfschicht und brannte sie ab, nachdem sie genügend angetrocknet war. In die Asche wurde der Buchweizensamen gesät. Er brachte eine annehmbare Ernte, wenn die Frucht von scharfen Nachtfrösten verschont blieb. Das Buchweizenmehl diente in der Hauptsache zum Backen des Buchweizenpfannkuchens, der früher viel gegessen wurde, in manchen Familien täglich. In der Zeit des Moorbrennens zogen oft tagelang, je nach Windrichtung, stark riechende Rauchwolken über die angrenzenden Ortschaften hinweg.

Der Buchweizenanbau schlief wieder ein, weil er Unsicherheiten in sich barg, die Essgewohnheiten sich änderten und die Nachfrage nach Buchweizenmehl nicht mehr gegeben war. Die während des Torfgrabens benutzten offenen Feuerstellen führten hier und da zu Moorbränden. Meistens konnte man das Feuer schnell löschen. Ergriff es aber die trockene und lang aufgewachsene Frühjahrsheide, ging die Feuerwalze bei etwas stärkerem Wind rasend schnell über das ganze Hahnenmoor hinweg. Die Vögel und Hasen mußten sich beeilen, wenn sie nicht von dem Feuersturm erfaßt werden wollten. Großer Schaden entstand allgemein nicht. Manche Schafhalter freuten sich über die nachwachsende junge Heide, die ein besseres Futter für die Schafe abgab.

Vor dem zweiten Weltkrieg kaufte der Staat den größten Teil des Hahnenmoores auf, die Bauern behielten Restflächen. Nach dem Kriege kamen die Ölheizungen auf und das Interesse am Moor ließ nach. Lediglich in den Randgebieten des Moores entstanden Siedlungen, um aus dem Osten Deutschlands ausgetriebene Landwirte wieder unterzubringen. Die Weißtorfschicht des Hochmoores torfte ein Unternehmer ab, verarbeitete sie zu Torfstreu und verkaufte die Ballen in die ganze Welt.

Inzwischen hat der Landkreis Emsland das ganze Gebiet unter Naturschutz gestellt, eine bei Bauern umstrittene Maßnahme. Neben der Heide und dem Wollgras wird sich nun voraussichtlich die Birke schnell ausbreiten, wenn sie nicht durch Moorbrände ständig wieder vernichtet wird.

(Clemens Lampen, Wettrup)

Weltkrieg II

Die Kriegsereignisse 1939 - 1945 in Wettrup

Polnische Kriegsgefangene in Wettrup

Josef Schmidt, Handrup, erzählt aus eigenem Erleben:

Am 1. September 1939 fing der Krieg gegen Polen an und war in drei Wochen zu Ende. Als die polnischen Kriegsgefangenen in Wettrup eintrafen, mag es wohl die erste Oktoberwoche gewesen sein. Es war jedenfalls an einem Mittwoch-Nachmittag, als sie mit dem 16.00-Uhr-Zug von Lingen kamen. Wir Kinder, ich war 11 Jahre alt, hatten Religionsunterricht bei Pastor Brun gehabt. Plötzlich ging es durch das Dorf: ,, Die Polen kommen!" Wir liefen alle nach Lampen und stellten uns dort auf die Treppe und die Rampe und warteten auf die Polen. Kurz darauf kamen sie bei Waller's Kluse anmarschiert. Es waren ca. 80 Polen, zu dreien nebeneinander. Sie trugen braune Uniformen und Mützen mit einem Schild davor. Die Mützen waren viereckig, eine Ecke nach vorne. An Bewachung waren sechs oder sieben deutsche Soldaten dabei. Sie trugen ihre volle Marschuniform. Die letzten Polen trugen das Gepäck der deutschen Soldaten. Die übrigen hatten nicht mehr bei sich als das, was sie am Leibe trugen.

Sie marschierten nach Schrichten, denn auf dem Saal war das Lager für sie eingerichtet. Von draußen war eine Treppe angebracht, worüber die Gefangenen auf den Saal gelangten; den normalen Weg durften sie nicht benutzen. Auf dem Hof hatte man einen Platz mit Zäunen und Stacheldraht abgegrenzt, auf dem die Gefangenen morgens und abends antreten mußten und wo sie sich tagsüber aufhielten. In der Regel aber gingen sie am Tage zu den Bauern zum Arbeiten. In den letzten Kriegsjahren wurde ihnen erlaubt in Urlaub zu fahren. Nach einem solchen Urlaub wurde bei Meemann ein Pole verhaftet (Februar 1943). Er sollte in Polen seine Frau erschlagen haben.

Als der Krieg zu Ende war, verließen die Polen Wettrup. Keiner ließ wieder etwas von sich hören. Ein Pole blieb in Wettrup. Im Volksmund hieß er ,,Felder's Hein", sein wirklicher Name war Heinrich Mutlewski. Er hatte zuletzt einen Wohnwagen, in dem er bei einem Brand am 21.11.1977 ums Leben kam. Seine Heimat, die er im Alter von 18 Jahren verlassen hatte, sollte er nicht mehr wiedersehen.

Die ersten Bomben auf Wettrup

In der Nacht vom 2. auf den 3. August des Jahres 1940 wurde die Bevölkerung gegen 0.30 Uhr durch lautes Krachen aus dem Schlaf aufgeschreckt. Am Rande des Esches, bei Reisinger's ,,Weeken Diek" waren in einer Weide an die 100 englische Brandbomben eingeschlagen. Es waren englische Stahlbrandbomben, sechseckig, 70 cm lang, mit einem Durchmesser von 7 cm. Sie richteten allerdings zum Glück keinen größeren Schaden an. Am Morgen wurden auch noch die Einschlagstellen von vier Sprengbomben gefunden. Das Flugzeug war, von Haselünne kommend, parallel zur Bundesstraße über den Eickhöfer-Esch geflogen und hatte die Bomben dort abgeworfen. Zuerst die Sprengbomben, dann die Brandbomben. Die erste Bombe schlug in Felders Land bei der alten Brücke ein. Dann ging die Abwurflinie über Freesen Land zum Weeken Diek hin. So schlug die zweite Bombe in Freesen Land ein, die dritte etwas weiter zum alten Hauptweg hin, der mit der Flurbereinigung verschwunden ist. Die vierte Bombe schließlich schlug etwa 20 Schritte über dem Hauptweg in den Kartoffelacker. Die Bombentrichter waren ca. 150 cm tief und hatten einen Durchmesser von drei Metern. Der Sand war 300 m weit weggeflogen über den Eichenbusch durch die Dachziegel auf den Hausboden. Hafer und Roggen waren dort, wo die dritte Bombe eingeschlagen war, in einem Umkreis von 10-15 m wie abgemäht.

Abschuß eines der ersten Bomber über Nordwestdeutschland über Wettrup

Es war in der Nacht vom 12. auf den 13. Juli 1941 gegen 1.00 Uhr, als ein britisches Bombenflugzeug über Wettrup brennend abstürzte. Es handelte sich um ein Flugzeug vom Typ Hampden HP 52. Es verband die Eigenschaften eines schweren Bombers mit der Wendigkeit eines leichten Bombers. Es war zweimotorig, hatte eine Besatzung von vier Mann, war mit sechs MG bewaffnet und konnte 1400 kg Bomben tragen. Sie gehörte zur 50. Squadron und war in Lindhome in Yorkshire/England gestartet. Pilot der Hampden war Sergeant Donald Onions (23), zweiter Pilot Sergeant James Austin (24), Funker war Flight Sergeant William Crichton (21) und Schütze Sergeant Peter Mitchell. Alle fanden den Tod. Sergeant Austin war zunächst mit dem Fallschirm abgesprungen und unverletzt Richtung Westen geflüchtet, er wurde jedoch an der holländischen Grenze von einem deutschen Posten angeschossen und starb wenig später im Kriegsgefangenen-Lazarett in Lingen. Ihre letzte Ruhe fanden sie nach dem Kriege auf dem britischen Reichswaldfriedhof bei Kleve.

Abgeschossen wurde die Hampden von einem deutschen Nachtjäger vom Typ Me-11O, einem zweimotorigen Flugzeug mit einer Besatzung von zwei Mann. Pilot des Jägers war Leutnant Hadeball von der III. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 1. Der Nachtjäger war vom Quakenbrücker Flugplatz aus gestartet und traf über Wettrup auf den englischen Bomber. Während des heftigen Luftkampfes warf der Engländer vier Sprengbomben ab, um schneller fliegen zu können. Sie fielen in Rätkers Pferde-Weide, am Wege von Bröker nach Schwake. Zwei Bomben explodierten sofort, eine kurz nach dem Aufschlag. Dabei wurde ein Pferd getötet. Die vierte Bombe war ein Blindgänger und wurde später vom Räumkommando entschärft.

Am Morgen nach dem Absturz in einem Kartoffelacker in der Nähe von Fehren-Dieker fand man zunächst nur eines der vier Besatzungsmitglieder. Als dann am Mittwoch, dem 16. Juli, die Flugzeugtrümmer abtransportiert wurden, fand man in den Trümmern die sterblichen Überreste eines weiteren Fliegers. Auf Anordnung des damaligen Landrats von Lingen wurde er auf dem Friedhof in Wettrup beigesetzt. Auf einem Ackerwagen wurde der Sarg zum Friedhof gefahren. Der damals zuständige Polizeibeamte von Lengerich, Bachmann, ging voraus und gab den Leuten an der Straße den Befehl zu grüßen, wenn der Wagen vorbeiführe. Auf dem Friedhof beim Einsenken des Sarges in das Grab grüßte der Polizeibeamte drei Mal.

Vier Wochen später fand man den vierten Flieger beim Roggenmähen. Die Pferde, die einen Bindemäher zogen, gingen plötzlich nicht mehr weiter. Als man den Grund suchte, fand man den toten Flieger.

Bombenabwurf am 22. Dezember 1943

Am Mittag des 22. Dezember 1943 wurde Wettrup erneut von einem schweren Bombenangriff heimgesucht, der aber zum Glück wieder einigermaßen glimpflich verlief.

Ein amerikanischer Bomberverband war im Anflug auf Osnabrück. Dabei wurde er von deutschen Jägern gestört. Über Vechtel und Wettrup kam es zu einem heftigen Luftgefecht, bei dem die Amerikaner ihre Bomben abwarfen, um schneller zu sein. Die ersten Bomben fielen auf den Deichwall bei Schuster-Burrichter, die letzte zwischen Pennigbernd und Book. Sie rissen gewaltige Trichter in den Boden, bis zu zehn Metern Durchmesser. Beim Hof Niemann waren die Fenster herausgerissen worden, bei Passe war eine Bombe unmittelbar hinter dem Hause eingeschlagen. Insgesamt wurden 84 Bomben abgeworfen.

In diesem Luftkampf wurde ein deutsches Jagdflugzeug abgeschossen; es zerschellte im Dübels-Diek zwischen Kleve und Schaper-Manemann in einer Wiese. Der Pilot hatte die Maschine nicht mehr verlassen können und fand beim Absturz den Tod.

Das Flugzeug war eine Maschine vom Typ Me-109, Baujahr 1943. Es war bewaffnet mit einer 20 mm-Kanone in der rechten und einer 12 mm-Kanone in der linken Tragfläche. Oben in der Motorhaube befanden sich zwei MG.

Luftkampf über Wettrup am 29. Dezember 1944

Am 29. Dezember 1944 kam es gegen 11.00 Uhr morgens zu einem schweren Luftkampf zwischen englischen Begleitjägern eines starken Bomberverbandes und deutschen Jagdflugzeugen. Die deutschen Flugzeugführer gehörten der III. Gruppe des Jagdgeschwaders 54 an, flogen FW 190 D-9 (Reihenmotor) und waren in Varrelbusch bei Cloppenburg gestartet. Ein unverständlicher Befehl zwang die Flugzeugführer, in 2000 m Höhe den gegnerischen Bomberverband anzufliegen. Sie waren dadurch eine relativ leichte Beute für die von oben herabstoßenden Spitfires. Allein Oberleutnant Dortenmann flog entgegen dem Befehl mit seiner Staffel in großer Höhe an und sollte deshalb vors Kriegsgericht gestellt werden, was aber dann doch nicht geschah. Die III. Gruppe hatte an diesem Tage insgesamt 16 Verluste.

Eines dieser Flugzeuge war in Tieken-Möllers Weide abgestürzt. Es war anscheinend mit voller Fahrt in den Boden gehauen und war dabei vollständig zerplatzt. Motor und Bordwaffen waren in den Boden gerammt; der Pilot war noch ausgestiegen, doch die Flughöhe war zu niedrig, so daß sich der Fallschirm nicht mehr öffnete. Vor dem Holzwall in Holts Weide schlug er auf und prallte gegen eine dicke Birke. Der Pilot hieß Feldwebel Gerhard Neersen. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder. Er hatte sieben Abschüsse und war mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse ausgezeichnet.

Ein weiteres Flugzeug schaffte auf dem Vechteler Flugplatz eine Notlandung, der Pilot blieb unverletzt.

Eine Maschine ging bei Berlage auf der Berlage herunter, auf dem Venn neben der alten Scheune. Dieses Flugzeug wurde schon vom Flaken her von einer gegnerischen Maschine verfolgt. Beim Aufschlag auf den Boden wurde es völlig zerfetzt, der Pilot war auf der Stelle tot. Er stammte aus dem Ruhrgebiet und war der einzige Sohn seiner Eltern.

Das vierte Flugzeug wurde aus Richtung Langen im Tiefflug verfolgt. Über Lengerich wurde es getroffen und jagte gegenüber dem Hause Finke gegen einen hohen Erlenbusch. Die Maschine wurde völlig zerfetzt, der Motor flog und rollte noch über vier Wallhecken in Richtung Raming. Auch dieser Pilot kam ums Leben.

Das fünfte deutsche Flugzeug ging in Wettrup herunter, und zwar im Bruch in Brands Weide am Neuen Weg. Dieses Flugzeug wurde in großer Höhe getroffen und ging schräg herunter, um auf dem Boden aufzusetzen. Es kam aber damit nicht zurecht. Der Pilot riß ein Stück über dem Boden die Maschine hoch, so daß die beiden Tragflächen abbrachen. Die Maschine raste auf den Boden zu und riß eine Mulde von sechs Metern Länge auf. Für den Piloten gab es keine Chance.

Die Front in Wettrup am 8. April 1945

Es ist Sonntag, der 8. April, Weißer Sonntag, gegen 7.00 Uhr. Auf der Kloster-Weide bei Örmanns Tannen fahren die Engländer mehrere Panzer auf. Sie eröffnen das Feuer mit Kanonen und Maschinengewehren auf das Haus von B. Lücke an der Kreuzstraße. Dort hatte sich am Vortage ein deutscher Funktrupp eingerichtet, den die Engländer wahrscheinlich angepeilt hatten. Das Gehöft wurde vollständig zerstört und die Familie mußte im Bunker hinter dem Hause hilflos zuhören, wie das Vieh im Stall qualvoll verbrannte.

Die Engländer gingen dann über die Kreuzung in Richtung Quakenbrück vor. Zur gleichen Zeit rückten sie auch vom Kloster aus gegen Wettrup vor. Eine Granate traf um 7.00 Uhr Büschers Haus und riß eine ganze Ecke heraus. Ein Panzer und ein Panzerspähwagen fuhren durch die Stroot gegen den Bahnhof vor und eröffneten das Feuer auf die Häuser von Tischler Pieper, das Kolonialwarengeschäft K. Schmidt und die Schmiede H. Germing. Diese Häuser waren auch von deutschen Soldaten besetzt, die sich dann zurückzogen. Alle drei Häuser brannten ab. Menschen kamen nicht zu Schaden. Der Panzerspähwagen fuhr vom Bahnhof aus bis zur Sandkuhle vor und schoß Teismanns Scheune in Brand. Teismanns hatten vor ihrer Scheune einen Strohbunker gebaut, worin sie sich befanden. Als die Scheune brannte, mußten sie ihn verlassen. Der Spähwagen hörte auf zu schießen, keiner kam zu Schaden. Der Spähwagen zog sich zum Bahnhof zurück. Auf dem Mühlenberg, neben der alten Mühle hatten die Engländer eine Kanone kleineren Kalibers aufgestellt, mit der sie nach Wettrup und den Dallhoek hineinschossen. Der englische Panzer vom Bahnhof fuhr über die Kreuzung nach Wettrup hinein. Zwischen H. Schlump und A. Schlump fuhr er sich jedoch im Straßengraben fest. Die Besatzung stieg aus und flüchtete zu Fuß zum Kloster zurück. Ein deutscher Soldat warf eine Handgranate in den Panzer, der sofort in Brand geriet.

Danach wurde es in Wettrup wieder ruhig, im Dorf verließen die Leute den Kirchenkeller, eine Kompanie Fallschirmjäger hielt das Dorf noch besetzt und bei Bröker lagen noch Artilleristen mit ihren Geschützen. Diese gaben einen Schuß auf das Dorf ab, die Granate schlug links neben dem Turm in der Kirche ein. Ein Oberjäger der Fallschirmtruppe, der in diesem Moment sich in der Nähe befand, wurde dabei getötet. Er wurde zunächst auf dem Wettruper Friedhof beerdigt.

Während die englischen Truppen in Richtung Knolle-Brands vorschoben, zogen sich die Deutschen gegen Ohrte zurück. Pioniere hatten an der Straße die Birken abgeschnitten, um den Vormarsch der Panzer zu behindern. Doch die Panzer fuhren neben der Straße her.

Als die Panzer bei Knolle-Brands angelangt waren, bogen sie nach links in den Deichwall hinein. Opfer dieser Panzer waren die Gehöfte Foppe und Teismann. Während das Gehöft Foppe zwar einige Treffer erhielt, aber nicht in Brand geriet - zwei Kühe und ein Pferd wurden allerdings getötet -, brannte Teismanns Haus völlig aus. Das Vieh konnte jedoch gerettet werden.

Insgesamt gab es in Wettrup neben dem erheblichen Sachschaden unter den Zivilisten zwei Verletzte, B. Mers und K. Teismann. Sie wurden unter erheblichen Schwierigkeiten in das Krankenhaus in Lengerich eingeliefert.